Faszien im Beckenbodentraining – Warum Faszientraining für den Beckenboden wichtig ist
Inhaltsverzeichnis
Der Beckenboden ist eine zentrale Muskelgruppe in unserem Körper, die eine Vielzahl von Funktionen übernimmt – von der Unterstützung der inneren Organe bis zur Kontrolle über Blase und Darm. Doch was viele nicht wissen: er besteht nicht nur aus Muskeln, sondern auch aus Faszien. In diesem Artikel werde ich die verschiedenen Faszien, die den Beckenboden durchziehen, genauer betrachten und erläutern, warum Faszientraining für den Beckenboden so wichtig ist.
Was sind Faszien?
Faszien sind faserige Bindegewebsstrukturen, die unseren ganzen Körper durchziehen. Sie umhüllen Muskeln, Organe, Knochen und Nerven und sorgen für Stabilität und Flexibilität. Früher hat man sie bei Leichenpräparationen entfernt, weil man dachte, das sei „unnötiges“ Gewebe. Erst in den letzten 20-30 Jahren kam das Thema immer mehr auf und aufgrund der aktuellen Faszienforschung versteht man die Wichtigkeit der faszialen Strukturen. Du kannst sie dir vorstellen wie die weißen Häute einer Zitrone oder Orange.
Faszien bestehen aus Kollagen und Elastin und sind reich an Wasser, was ihnen ihre geschmeidige Struktur verleiht. Sie sind nicht nur passive Strukturen, sondern reagieren auf Bewegung und Belastung, wodurch sie eine wichtige Rolle in der Körperwahrnehmung und Bewegungskontrolle spielen. Je nach Anforderung sind sie sehr fein oder fest und stark.
Verschiedene Körperbereiche sind über Faszien verbunden, auch wenn sie weiter voneinander entfernt liegen.
Aufgaben von Faszien
Faszien formen unseren Körper, sie umhüllen Strukturen und geben ihnen dadurch eine Form, schützen, stützen und geben Struktur.
Innerhalb des Bewegungsapparats haben Faszien die Aufgabe, Kräfte zu übertragen, in dem sie kinetische (=Bewegungs-)Energie speichern und freisetzen. Ähnlich wie eine Feder, die erst gespannt wird und zurückschnellt. Deshalb ist sie auch beweglich.
Außerdem spielen sie bei der Gleitfähigkeit zwischen benachbarten Strukturen eine Rolle. Bewegt sich die Faszie eingeschränkt oder gar nicht, können sich die Strukturen auch schlecht übereinander bewegen.
Das fasziale System kann auch kommunizieren – es funktionieren wie ein Sinnesorgan. Es empfängt Reize – und damit Informationen – und leitet sie weiter. Damit spielt im Bereich der Propriozeption, also der Bewegungskontrolle, eine wichtige Rolle.
Wie sind Faszien aufgebaut?
Wie bereits erwähnt, bestehen Faszien aus Kollagen und Elastin. Elastin sorgt dafür, dass das Gewebe dehnfähig und geschmeidig ist, während Kollagen eher für die Festigkeit der Strukturen sorgt. Die Fasern richten sich entsprechend ihrer Belastungsrichtung aus. Nutzen wir dieses Netzwerk, unsere Muskulatur und bewegen uns in unserem vollen Bewegungsradius, sind die Fasern schön ausgerichtet und funktionsfähig. Nutzen wir das myofasziale System zu wenig – haben wir also einen Bewegungsmangel, kann es dazu führen, dass die Faszien nicht mehr optimal funktionieren. Manche sprechen davon, dass sie „verkleben“. Das System verliert an Spannkraft und funktioniert nicht mehr optimal. Bildlich gesprochen könnte man sagen, dass das optimale, trainierte Fasziensystem wie ein Trampolin funktioniert und wesentlich stärker ist, während ein untrainiertes eher wie eine ausgeleiherte Hängematte und weit weniger elastisch ist. Da die Faszien den gesamten Körper durchziehen, hat dies auch Einfluss auf den Beckenboden.
Faszien im Beckenboden
Der Beckenboden besteht aus mehreren Schichten von Muskeln und Bindegewebe, die zusammenarbeiten, um die Beckenorgane zu stützen. Wichtige Faszien im Bereich des Beckenbodens sind:
- Fascia pelvis parietalis: Diese Faszie kleidet die Innenwände des Beckens aus und dient als Verankerungspunkt für verschiedene Muskeln und Bänder. Sie bedeckt u.a. den Musculus obturatorius internus, den Musculus piriformis, die Beckenbodenmuskulatur.
- Fascia diaphragmatis pelvis superior: Diese Faszie bedeckt die obere Fläche des Beckenbodens und ist mit den Beckenknochen verbunden.
- Fascia diaphragmatis pelvis inferior: Sie bildet die untere Begrenzung des Beckenbodens und ist mit der Haut und dem äußeren Schließmuskel verwachsen.
- Fascia obturatoria: Diese Faszie kleidet das Becken innen aus und ist an der seitlichen Wand des Beckens verankert.
Warum ist Faszientraining für den Beckenboden wichtig?
Faszientraining hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, da immer mehr erkannt wird, wie entscheidend gesunde Faszien für das allgemeine Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit sind. Speziell für den Beckenboden gibt es mehrere Gründe, warum Faszientraining wichtig ist:
- Verbesserte Elastizität und Flexibilität: Durch gezieltes Training können Faszien geschmeidiger und elastischer werden, was die Beweglichkeit des Beckenbodens verbessern und Verspannungen lösen kann.
- Bessere Durchblutung / Stoffwechsel: Regelmäßiges Faszientraining fördert die Durchblutung im Beckenbodenbereich, was die Nährstoffversorgung der Muskeln und Faszien optimiert und die Regeneration unterstützt.
- Schmerzlinderung: Verklebte oder verhärtete Faszien können Schmerzen und Beschwerden verursachen. Durch Faszientraining lassen sich solche Verklebungen lösen, was zu einer Reduktion von Schmerzen und einem verbesserten Körpergefühl führt.
- Erhöhte Körperwahrnehmung: Faszien sind reich an sensorischen Nervenenden, die Informationen über die Position und Bewegung des Körpers liefern. Ein gut trainiertes Fasziensystem verbessert daher die Körperwahrnehmung und -kontrolle.
- Stärkung des Bindegewebes: Durch gezielte Übungen wird das Bindegewebe gekräftigt, was zur allgemeinen Stabilität und Belastbarkeit des Beckenbodens beiträgt.
Kaiserschnitt, Faszien und Beckenboden
Kennst du den Mythos, dass eine Frau nach einer Kaisergeburt keine Rückbildung machen muss, weil der Beckenboden nicht belastet ist? Das stimmt so natürlich nicht – auch nach einem Kaiserschnitt kann man eine Beckenbodenschwäche entwickeln.
Der Kaiserschnitt ist eine große Operation. Bis dein Baby geboren werden kann, müssen sieben (!) Gewebsschichten durchtrennt werden. All diese Schichten müssen wieder heilen. Wundheilung geht immer mit der Bildung von neuem Kollagengewebe einher, wobei im Zeitverlauf die Kollagen Typ 3 Fasern, die weniger belastet sind, zu Kollagen Typ 1 Fasern umgebaut werden. Wir wollen, dass diese Fasern entsprechend ausrichten, damit sie optimal funktionieren. Deshalb ist auch eine Narbenmassage bzw. Mobilisation so wichtig. Vernachlässigt man diesen Fakt, kann es durch die faszialen Verbindungen zu Schmerzen kommen, die in einem anderen Körperbereich auftreten oder Probleme im Beckenbereich machen.
Übungen für das Faszientraining des Beckenbodens
Ein effektives Faszientraining für den Beckenboden sollte verschiedene Techniken und Übungen umfassen. Das Ausrollen mit Faszienrollen oder -kugeln wurde bislang vorwiegend empfohlen, um sog. Triggerpunkten zu behandeln. Aktuelle Erkenntnisse führen zu einer Neuorientierung: Behandlungstechniken für Faszien sind bewegen, dehnen, federn.
- Dehnübungen: Sanfte Dehnübungen helfen, die Elastizität der Faszien zu verbessern. Beispiele sind die tiefe Kniebeuge oder das sanfte Kreisen des Beckens.
- Rollmassagen: Mit Hilfe von Faszienrollen oder Bällen können Verklebungen gelöst und die Durchblutung gefördert werden. Sanftes Rollen über den unteren Rücken und das Becken kann hierbei besonders effektiv sein.
- Dynamische Bewegungen: Bewegungen, die den gesamten Körper einbeziehen und die Faszienkette des Beckenbodens ansprechen, wie z.B. schwingende oder federnde Bewegungen, sind ideal.
Fazit
Ein gesunder Beckenboden ist für viele Körperfunktionen unerlässlich, und die Faszien spielen dabei eine entscheidende Rolle. Durch regelmäßiges Faszientraining lässt sich die Elastizität, Flexibilität und Gesundheit der Faszien verbessern, was wiederum zu einem stärkeren und funktionaleren Beckenboden führt. Ob durch Dehnübungen, Rollmassagen oder dynamische Bewegungen – ein integriertes Faszientraining sollte fester Bestandteil jedes Beckenbodentrainings sein.
Mit diesem Wissen ausgestattet, können Sie nun gezielt Maßnahmen ergreifen, um die Gesundheit Ihres Beckenbodens zu fördern und langfristig zu erhalten.