Beckenbodentraining bei Inkontinenz: 3 Übungen gegen Blasenschwäche
Inhaltsverzeichnis
- 1 Beckenbodentraining bei Inkontinenz: 3 Übungen gegen Blasenschwäche
- 1.1 Beckenboden und Inkontinenz
- 1.2 Welche Beckenbodenübungen helfen gegen Inkontinenz?
- 1.3 Wie kann ich gezielt meine Beckenbodenmuskulatur trainieren?
- 1.4 Was sind die Vorteile von Biofeedback und Elektrostimulation beim Beckenbodentraining?
- 1.5 Was sollte ich beim Training beachten, um die besten Ergebnisse zu erzielen?
Inkontinenz – oder Blasenschwäche, wie sie im Volksmund oft genannt wird – ist bei Frauen leider weit verbreitet. Warum das so ist und was du dagegen tun kannst, erfährst du in diesem Blogartikel. Beckenbodentraining hat sich als effektive Methode etabliert, um die Beckenbodenmuskulatur zu stärken und die Symptome von Blasenschwäche zu lindern. Ich zeige dir in diesem Artikel auch drei effektive Übungen, die dir helfen können, deine Blase zu kontrollieren und deine Lebensqualität zu verbessern.
Beckenboden und Inkontinenz
Ganz allgemein bedeutet Inkontinenz, dass man ungewollt Urin, Winde oder Stuhl verliert. Oft höre ich in meinen Kursen sinngemäße Sätze wie „ach, so richtig Probleme mit Inkontinenz habe ich nicht. Nur ab und zu, wenn ich doll husten muss, verliere ich ein paar Tropfen.“ Dann erkläre ich immer: es wie mit dem Schwangerschaftstest – er ist positiv oder negativ, schwanger oder nicht schwanger, ein bisschen schwanger gibt es nicht. Verlierst du also Urin (egal ob täglich oder einmal im Monat), hast du eine Harninkontinenz.
Mir ist wichtig, dass dies nicht verharmlost wird – das tun Werbefilmchen für Slipeinlagen schon genug.
Harninkontinenz tritt auf, wenn die Kontrolle über die Blase nicht mehr vollständig funktioniert. Dies kann verschiedene Ursachen haben, darunter Schwangerschaft, Geburt, hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren oder Operationen im Beckenbereich. Sowohl eine schwache, als auch eine verspannte Beckenbodenmuskulatur kann Ursache sein.
Man unterscheidet grob zwei Formen der Inkontinenz:
- Belastungsinkontinenz: tritt bei Erhöhung des Bauchinnendrucks auf die Blase auf, etwa beim Husten, Niesen oder Lachen.
- Dranginkontinenz: gekennzeichnet durch plötzlichen, starken Harndrang, oft ohne Vorwarnung. Erreicht man die Toilette bei starkem Drang noch „trocken“, spricht man von einer überaktiven Blase.
Oft ist aber zu beobachten, dass Frauen mit einer Belastungsinkontinenz auch eine Drangsymptomatik entwickeln, weil sie oft vorsorglich auf die Toilette gehen. Deshalb lohnt es sich immer, nicht nur das Beckenbodentraining sondern auch das Trink- und Toilettenverhalten in den Blick zu nehmen. Dies integriere ich auch immer mit Erfolg in meine Personal Trainings. Meine Klientinnen sind oft erstaunt, wie kleine Anpassungen im Alltag positive Auswirkungen auf ihre Symptomatik haben können.
Was passiert bei einer Schwäche der Beckenbodenmuskulatur?
Die Beckenbodenmuskulatur spielt eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung der inneren Organe wie Darm, Blase und Gebärmutter. Sie hält die Organe an Ort und Stelle und sichert die Kontinenz. Bei einer Schwäche oder zu starken Grundspannung (=Verspannung) des Beckenbodens ist er nicht mehr in der Lage, ausreichend „dicht“ zu halten und es kommt zu Urinverlust. Der Mechanismus dahinter ist reine Physik: Der Bauchinnendruck, der beim Husten, Hüpfen etc. entsteht, ist größer als der Verschlussdruck, den die Blasenschließmuskulatur aufbringen kann.
Bei Frauen kann dies besonders ausgeprägt sein, insbesondere nach der Geburt oder während der Menopause. Außerdem haben Frauen durch ihr weiteres Becken und den höheren Anteil an Bindegewebe im Beckenboden einen anatomischen „Nachteil“ den Männern gegenüber, weshalb sie öfter betroffen sind.
Durch gezieltes Beckenbodentraining wird diese Muskulatur gestärkt, was dazu beiträgt, die Blasenkontrolle zu verbessern und das Risiko von Inkontinenz zu verringern. Außerdem bekommen die Frauen in meinem Personal Training auch andere Strategien an die Hand, wie sie positiven Einfluss auf ihre Blasenschwäche nehmen können. Bspw. nehmen wir die Atmung unter die Lupe und entwickeln Strategien bei Drang.
Wie wirkt sich Beckenbodentraining auf die Blase aus?
Beckenbodentraining hat direkte positive Auswirkungen auf die Blase und die gesamte Beckenregion. Durch das Anspannen und Entspannen der Beckenbodenmuskulatur wird die Durchblutung in diesem Bereich gefördert. Regelmäßiges Training hilft, die Muskulatur zu stärken, wodurch die Kontrolle über die Harnröhre verbessert wird. Frauen, die regelmäßig Beckenbodentraining durchführen, berichten oft von einer signifikanten Verbesserung ihrer Symptome, da die Muskulatur stabiler und flexibler wird. Dies ist besonders wichtig bei Belastungsinkontinenz, wo körperliche Aktivitäten wie Husten oder Niesen zu ungewolltem Urinverlust führen können. Das Training kann helfen, das Selbstbewusstsein zu steigern und die Lebensqualität erheblich zu verbessern.
Welche Beckenbodenübungen helfen gegen Inkontinenz?
„Beckenbodengymnastik“ wie sie früher genannt wurde, ist vielfältig. Sie beinhaltet nicht nur spannen der verschiedenen Muskelschichten, sondern auch andere Übungen, die den Beckenboden stärken, seine Reaktivkraft verbessern und auch seine Entspannungsfähigkeit verbessern. Beckenbodenübungen für Frauen sind also nicht nur das reine An- und Entspannen. Um die Inkontinenz verringern zu können, braucht es mehr als das.
Übung 1: Anspannung des Beckenbodens
Die grundlegendste Übung beim Beckenbodentraining ist das gezielte Anspannen und Entspannen der Beckenbodenmuskulatur. Sie dient einerseits gerade am Beginn dazu, die Wahrnehmung zu verbessern und ein Gefühl für Bewegungsrichtung und Kraftdosierung zu bekommen; andererseits sind diese „Kegelübungen“ erwiesenermaßen wichtig für die Kräftigung. Beckenboden spüren lernen steht hier im Vordergrund.
Was so einfach klingt, fällt vielen doch so schwer. Deshalb hier eine kleine Anleitung:
Um diese Übung durchzuführen, setze oder lege dich bequem hin oder probiere andere Positionen aus. Nimm die vier knöchernen Aufhängungspunkte deines Beckenbodens wahr: Steißbein, Schambein und die beiden Sitzbeinhöcker. Aktiviere den Beckenboden als wolltest du Steißbeinspitze und Schambein zusammenziehen und nach innen oben Richtung Körpermitte heben. Löse die Spannung langsam wieder. Oberkörper und Oberschenkel sollten dabei entspannt bleiben. Du kannst diese Aktivierung mit der Ausatmung verbinden, beim einatmen lässt du wieder los. Mache diese Übung zunächst fünf- bis zehnmal, mache eine Pause und wiederhole.
Essenziell wichtig ist zu wissen, wie du den Beckenboden trainieren musst. Also mit wie viel Kraft. Denn auch Kraftsportler trainieren ihre Muskeln nicht immer mit 100%. Ständiges, festes Anspannen des Beckenbodens bspw. an der roten Ampel kann auch zu einem verspannten Beckenboden führen. Dies wollen wir vermeiden. Achte also darauf, deine Kraft zu dosieren und zunächst höchstens mit der Hälfte deiner maximal möglichen Spannung zu arbeiten. Achte auch darauf, wieder loszulassen und zu entspannen.
Wenn du den Beckenboden nach unten drückst, machst du die Übung nicht richtig. Wenn du mit der Zeit das Gefühl hast, deinen Beckenboden nicht mehr locker lassen zu können, hast du wahrscheinlich zu fest angespannt.
Übung 2: „Knie-Wipp“
Diese Übung stärkt nicht nur die Beckenbodenmuskulatur, sondern verbessert auch die Stabilität der Körpermitte. Vielleicht kennst du sie schon von Yoga und Pilates.
Gehe in den Vierfüßlerstand und stelle die Füße. Als Anfängerin versuchst du hier zunächst, deinen Beckenboden zu spüren. Aktiviere ihn beim Ausatmen nach innen oben. Ein gut trainierter Bauch- und Beckenboden muss nicht vorher angespannt werden, er reagiert in der Regel automatisch. Hebe nun deine Knie ein bis Zentimeter vom Boden ab, halte das 3-5 Sekunden lang und setze wieder ab. Mache hier ein bis zwei tiefe Atemzüge Pause, bevor du die nächste Wiederholung machst.
Übung 3: Füße federn
Wie bereits erwähnt, sind isolierte Anspannungen – Kegel-Übungen – alleine nicht zielführend. Es benötigt auch sog. reflektorisches Training, also Training, bei dem der Beckenboden automatisch an- und entspannt, ohne dass du das aktiv tust. Dies fördert seine Reaktivität. Eine Anfänger-Übung hierfür ist folgende:
Stelle dich aufrecht, etwa hüftbreit, mit leicht gebeugten Knien hin. Verlagere dein Körpergewicht nach vorne und beginne, auf den Vorfuß zu wippen, sodass sich die Fersen vom Boden abheben. Beginne sanft und steigere die Intensität, wenn dein Beckenboden es zulässt.
Wie kann ich gezielt meine Beckenbodenmuskulatur trainieren?
Wie finde ich die richtigen Übungen für mich?
Die Wahl der richtigen Übungen ist entscheidend für den Erfolg Deines Beckenbodentrainings. Es ist ratsam, sich zu Beginn von einer erfahrenen Trainerin beraten zu lassen, die dir helfen kann, die geeigneten Beckenbodenübungen für Deiner speziellen Bedürfnisse zu finden. Zielgerichtetes Beckenbodentraining kann die Wirksamkeit Ihrer Übungen erheblich steigern.
Wenn man Reels à la „mache diese Übung täglich und deine Inkontinenz verschwindet im Nu“ glauben könnte, wären viele von uns Fachpersonen arbeitslos. Aber so leicht ist es eben nicht. Ist die Intensität am Anfang zu hoch oder aktivierst du deinen Beckenboden falsch, kannst du deine Symptomatik sogar verschlimmern. Deshalb lege ich auch im Personal Training besonderen Wert darauf, dass die Frau zunächst die richtige Aktivierung lernt und auch gut differenzieren kann, wie fest sie den Beckenboden anspannen muss. Dann hat sie im weiteren Verlauf auch eine gute Wahrnehmung für die Intensität der Übungen.
Worauf sollte ich bei der richtigen Atmung beim Beckenbodentraining achten?
Die richtige Atmung ist ein wesentlicher Bestandteil des Beckenbodentrainings. Achte darauf, beim Anspannen des Beckenbodens auszuatmen und beim Entspannen einzuatmen. Diese Technik unterstützt die funktionelle Arbeitsweise die Muskulatur. Eine bewusste Atmung fördert die Entspannung des Körpers und ermöglicht es Dir, sich besser auf die Übungen zu konzentrieren. Achte darauf, während der Übung nicht den Atem anzuhalten, da dies kontraproduktiv sein kann.
Die Atmung ist eines der Dinge, die ich in jungen Jahren selbst unterschätzt habe. Heute weiß ich um ihren Wert und schaue mir bei meinen Personal Training Klientinnen immer auch die Atemmuster an. Es gibt wenige, die wirklich korrekte, volle Atemzüge nehmen können. Deshalb ist Atemtraining auch immer Bestandteil des Personal Trainings.
Wie oft und wie lange sollte ich die Übungen durchführen?
Für optimale Ergebnisse solltest du die Beckenbodenübungen regelmäßig durchführen. Es wird empfohlen, mindestens dreimal pro Woche für 10 bis 15 Minuten zu trainieren. Die Einheiten können gerne auch mal länger dauern, das ist das Mindestmaß. Vergiss nicht, in dieser Zeit auch Entspannungsübungen einzubauen – sie gehören genauso dazu wie kräftigende Übungen.
Was sind die Vorteile von Biofeedback und Elektrostimulation beim Beckenbodentraining?
Wie funktioniert Biofeedback bei der Stärkung des Beckenbodens?
Biofeedback ist eine Methode, die helfen kann, die Beckenbodenmuskulatur gezielt zu trainieren. Bei dieser Methode wird meist ein Sensor vaginal eingeführt, der dann auf die Aktivität der Muskulatur reagiert. Dies kann helfen zu lernen, richtig anzuspannen und zu entspannen. Durch diese visuelle Unterstützung kannst Du Deine Fortschritte verfolgen.
Es gibt frei verkäufliche Geräte am Markt, die meist mit einer Smartphone-App funktionieren, aber auch Geräte, die Ärzt*innen verordnen.
Biofeedback kann hilfreich sein. Jedoch musst du aufpassen, dass du den Beckenboden richtig aktivierst – nämlich nach innen oben hebst – und nicht zu viel machst. Dies kann zu einem verspannten Beckenboden führen.
Wann ist Elektrostimulation sinnvoll?
Elektrostimulation ist eine weitere Methode, die beim Beckenbodentraining eingesetzt werden kann. Sie kommt besonders zum Einsatz, wenn es schwierig ist, die Muskulatur auf natürliche Weise zu aktivieren, bspw. nach einer sehr schwerwiegenden Geburtsverletzung oder aufgrund einer Nervenproblematik. Bei der Elektrostimulation werden elektrische Impulse genutzt, um die Beckenbodenmuskulatur zu kontrahieren. Dies kann besonders hilfreich sein, um die Muskulatur zu stärken und die Koordination zu verbessern. Frauen mit schwerer Inkontinenz oder nach Geburten können von dieser Methode profitieren, um die Muskulatur gezielt zu stimulieren.
Was sollte ich beim Training beachten, um die besten Ergebnisse zu erzielen?
Um die besten Ergebnisse beim Beckenbodentraining zu erzielen, ist es wichtig, regelmäßig zu trainieren und die Übungen korrekt auszuführen. Außerdem sollte auf die richten Atmung geachtet werden. Ganz am Anfang steht immer das Erlernen der richtigen Aktivierung. Im Anschluss daran solltest du die Intensität kontinuierlich steigern. Deshalb ist es ratsam, sich an eine erfahrene Trainerin zu wenden, die das Training genau auf deine Bedürfnisse und Beschwerden abstimmen kann.
Geduld und Kontinuität sind entscheidend, um langfristige Erfolge zu erzielen und die Symptome der Inkontinenz zu verringern.
Dein Körper hat Großartiges geleistet – und er kann sich auch wieder regenerieren. Bleib geduldig mit dir selbst und trau dich, Hilfe anzunehmen. Schritt für Schritt wirst du dich wieder rundum wohlfühlen!
Wenn du für dein Training Unterstützung brauchst, melde dich gerne über mein Kontaktformular bei mir oder buche dir direkt einen Termin.
Deine Carina Gerlach